Um es gleich zu sagen, das hier vorgestellte Elterncoaching ist in dieser Form nicht für die Arbeit mit Multiproblemfamilien geeignet. Es könnte jedoch modifiziert werden – siehe unten Workshop. In dem Vortrag „SPFH – Interventionschancen bei Multiproblemfamilien“ beschäftigt sich Prof. Dr. Eva Maria Schuster, KFH Mainz, mit der Lebenswelt von Multiproblemfamilien und gibt die Empfehlung, weniger reflexiv als vielmehr mittels Direktiven auf einem mittleren Handlungsniveau und damit auch auf einem mittleren Konfliktniveau zu arbeiten. Siehe www.bildung.uni-siegen.de/mitarbeiter/wolf/files/download/forschung/spfh_forschung/vortrag_schuster.pdf.
Einerseits entspricht dieses Vorgehen, weniger Reden mehr Handeln und sich auf mittlerem Konfliktlevel bewegen, recht nahe einem Teilansatz dieses Elterncoachings. Andererseits wären eben aufgrund der vielen sozialen und psychischen „Baustellen“ in Multiproblemfamilien, jene rasch überfordert. Mein Ausgangspunkt, das Elterncoaching zu entwickeln, waren und sind Eltern, die von sich aus die Suchtpräsenz ihrer Kinder erkennen, zum Teil sogar in einem sehr frühen Stadium, und sich aus eigenem Entschluß hilfesuchend an professionelle Helfer in einer Beratungsstelle wenden. Verfügten Multiproblemfamilien über die Ressourcen, Probleme zu identifizieren und zu kommunizieren, d. h. benennen, anderen berichten und um Hilfe nachfragen, wären sie keine Multiproblemfamilien. Siehe im o. g. Vortrag zum Agieren statt Kommunizieren von Konfliktlagen.
Der bedeutsamste Unterschied zwischen beiden Gruppen, jene Eltern, die sich an Beratungsstellen wenden und solchen, die als Multiproblemfamilien bezeichnet werden, ist für unseren Kontext der Aspekt der impulsiven Kommunikation. Auch dazu berichtet Schuster in ihrem Vortrag.
Ich hatte schon im vorletzten Beitrag geschrieben, daß die eigene Suchtpräsenz bei Eltern als Kontraindikation bewertet wird. In Multiproblemfamilien ist Suchtpräsenz, u. a. auch Rauchen, überdurchschnittlich häufig anzutreffen. Selbst wenn nicht konsumiert wird, ist der hohe Grad impulsgesteuerten Kommunizierens und Handelns ebenfalls ein bedeutsames Kennzeichen dieser Familien, so daß sich die berechtigte Frage stellt, ob nicht bereits die Eingangsintervention der Sendepause ein unangemessenes Instrument für einen Einstieg darstellt.
Ebenso müßten die anderen Interventionsschritte und Strategien auf ihren wirksmanen Einsatz in Multiproblemfamilien hin untersucht werden. Damit wird sich der
Workshop Elterncoaching – Elternpräsenz statt Suchtpräsenz
am 8.-9. Juli 2016 in Leichlingen – Hasensprungmühle
beschäftigen: ich stelle das Konzept vor und wir untersuchen gemeinsam die „Bauteile“, die auch für andere Elterngruppen nützlich sein könnten. Max. Teilnehmerzahl ist 12, um als Workshop arbeitsfähig zu sein. Mehr auf der Website. Anmeldung formlos per eMail an rheinland@wmc.ag.