Gehen, vertagen, nachdenken.
Wenn Eltern den Eindruck haben, ihre Kindern zeigen keinen Respekt mehr, dann sollten Eltern das Vertagen lernen.
Eltern geraten meist in diese Situation, weil sie mit ihren Kindern alles verhandeln oder diskutieren und wortreich erklären. So lernen die Kinder, wenn alles besprechbar ist, könnte auch alles verhandelbar und damit auch veränderbar sein.
Das Meiste im Alltag von Erwachsenen ist aber nicht verhandel- und veränderbar, sondern man sich sehr oft zu fügen und den Gegebenheiten, den Realitäten, den Gepflogenheiten, den Regeln, den allgemeinen Erwartungen usw. anzupassen, damit das gesellschaftliche Zusammenleben und -arbeiten funktionieren kann.
Erwachsene haben gelernt, einschätzen zu können, was verhandelbar sein könnte und was garantiert nicht verhandelbar ist.
Um diese Unterscheidungen zu lernen, brauchen Kinder Modelle (Familie, Kita, Schule, Verein etc.) an denen sie unterscheiden lernen. Eltern müssen also schon im Ansatz deutlich machen, was können wir verhandeln und was nicht.
Wenn etwas nicht verhandelbar ist und man sagt einmal „Nein!“, dann muß man das bei einem „Nein!“ belassen. Sagen Eltern, weil das Kind eventuell quengelt oder nachfragt „Warum, denn?“, ein zweites Mal „Neeeeiiin!“ dann geben sie durch das zweite Mal ungewollt zu erkennen, Öh Ha: könnte verhandelbar! denn wo man einmal erfolgreich nachfragen konnte, kann man auch ein zweites Mal nachbohren. Und mit jedem weiteren „Nein!“ treibt man das Kind in den kleinen Größenwahn, weil man es ungewollt ermuntert dranzubleiben.
So weit zum Nein-sagen.
Das Vertagen:
Was aber ist zu tun, wenn Ektern unsicher sind. Das Kind kommt und fragt die Eltern etwas, und sie sind sich nicht sicher, wie sie entscheiden möchten. Es ja auch noch den anderen Elternteil und wer weiß, wie der dazu steht.
Also sagt der eine Elternteil dem Kind: „OK, ich habe jetzt gehört, was Du möchtest, aber ich möchte mir darüber noch Gedanken machen und das geht jetzt gerade nicht (und außerdem möchte ich erst noch mit Mama/Papa darüber reden). Ich sage Dir morgen Bescheid.“
Darauf hin die Tochter (14): „Das geht aber nicht bis morgen. Die Jenny ist am Handy und ich muß jetzt wissen, ob ich bis 23 Uhr weg bleiben kann.“ Druck. Druck. Druck.
Nicht mit souveränenen Eltern. Die sagen zur Bekräftigung nun doch ein 2. Mal: “ Ich möchte mir wirklich darüber noch Gedanken machen und das geht jetzt gerade nicht (und außerdem möchte ich erst noch mit Mama/Papa darüber reden). Ich sage Dir morgen Bescheid.“
Darauf hin bekommt Ihre Tochter (14) einen Wutanfall und beschimpft Muter oder Vater.
Die sagen jedoch nichts, sondern drehen sich um, ziehen ihre Jacke an, verlassen das Haus und drehen eine Runde um den Block und sagen sich 75 Mal: „Das ist die Pubertät. Die hat in Ihrem Hirn gerade mal wieder Stromausfall. Das geht vorbei. Ich habe Recht. In 10 Jahren ist das Thema durch. Ach, was für eine schöne Luft ist hier Draußen.“ „Das ist die Pubertät. Die hat in Ihrem Hirn gerade …. „
Alleinerziehende können das nun mit Freund oder Freundin besprchen, gemeinsam erziehende Eltern setzen sich am Feierabend aufs Sofa und besprechen das und entscheiden gemeinsam und am nächsten Morgen informieren Sie ihre Tochter – es kann sein, daß die eingeforderte Entscheidung sich dann zeitlich schon wieder überholt und ergeben hat. Aber so ist das halt manchmal im Leben. Das muß man lernen, so etwas auszuhalten und zu verarbeiten. Wenn nicht im Schutz des Elternhauses, wann und wo sonst?
Übrigens: Kinder, die von klein auf gelernt haben und gewohnt sind, daß ein Nein auch Nein bedeutet und dieses akzeptieren, haben es später leichter und entspannter im Leben, weil sie sich sicherer fühlen, indem sie die Grenzen kennen, und weil sie ihre Energien nicht mit unsinnigem Verhandeln verschleudern, sondern für die wirklich bedeutsamen Verhandlungen im Leben reservieren.