Fragen von KollegInnen der Drogenhilfe – 3. Frage
Wie kann man bei Eltern daraufhin wirken, daß sie wieder Vertrauen entwickeln und nicht nur die Alarmlampe aufhaben?
Bezogen auf das Konzept, welche Inhalte sind wichtig zur Stärkung und Stabilisierung der Eltern?
Unter Vertrauen verstehen wir die subjektive Überzeugung (oder Glaube, Gefühl) von der Richtigkeit, Wahrheit bzw. Redlichkeit von Personen, von Handlungen, Einsichten und Aussagen eines anderen oder von sich selbst (Selbstvertrauen).
Zum Zutrauen gehört die Überzeugung der Möglichkeit und Fähigkeit zu Handlungen.
Diesen Definitionen folgend, spielt die Kategorie Vertrauen im Elterncoaching keine Rolle. Wir benutzen diese Kategorie nicht.
Ebenso wie unsere Haltung von Zuversicht geprägt ist, haben wir auch Zutrauen sowohl in die Eltern, daß sie mit Hilfe unseres Coachings ihre Elternrollen besser ausfüllen werden und ihren Elternjob solange wahrnehmen bis der Jugendliche selbständig und unabhängig geworden ist.
Die Alarmlampe (siehe limbisches System und dort die Amygdala/die Mandelkerne) geht in dem Moment aus oder wird mindestens heruntergedimmt, wenn Eltern in der Aktion Sendepause realisieren, daß erstens entgegen ihrer Katastrophenerwartungen nichts Schlimmes passiert und sie zweitens nicht mehr diejenigen sind, die zum bloßen Reagieren verurteilt sind, sondern sich in der Beziehung zum Jugendlichen erstmals seit oft langer Zeit wieder autonom verhalten können und plötzlich der Jugendliche derjenige ist, der mit Reaktionen nachzuziehen hat.
Die Zuversicht des Beraters, „daß alles gut wird“, und sein Zutrauen in die Möglichkeiten der Eltern gerät jedoch in der weiteren Zusammenarbeit mit den Eltern mitunter immer wieder ins Wanken, wenn der Berater mit Gegenübertragungswiderständen zu kämpfen hat: Eltern halten sich nicht an Absprachen, die im Coaching getroffen wurden; der Jugendliche läßt sich besonders kreative Provokationen einfallen, denen sich die Eltern zunächst nicht gewachsen fühlen; der Jugendliche wegbleibt; und dergleichen mehr. Berater sollten sich demnach mit dem psychoanalytischen Konzept von Übertragung und Gegenübertragung beschäftigen. Wenn Berater darüber differenzieren lernen, was sind die eigenen lebensgeschichtlichen Anteile, die durch die Klientenbeziehungsdynamik angetriggert werden und welches sind jene bedeutsamen Anteile, die das Klientensystem mit seinen spezifischen Beziehungsmustern in den Berater induziert, wird er auch in sehr dynamischen Situationen oder scheinbar aussichtslosen Phasen einen distanzierten professionellen Überblick behalten können.
Noch ein Aspekt zur Haltung:
Das Coaching hat zum Ziel, daß die Eltern so an Elternpräsenz gewinnen, daß der Jugendliche wahrnimmt, realisiert und auch glaubt, daß sich die Eltern geändert haben und nicht mehr in früheres Elternverhalten zurückfallen, sondern, egal welche jugendlichen Provokationen ihnen begegnen, sie bei dem neuen Elternverhalten bleiben.
In der Beziehungskette Jugendlicher – Eltern – Coach muß nun der Coach seinerseits ebenso als Modell gegenüber den Eltern fungieren, wie dies von den Eltern gegenüber dem Jugendlichen angestrebt und erwartet wird.
Die Eltern sollen lernen, Standing zu zeigen, z. B. einen Standpunkt unbeirrt vertreten zu können, kommunikative Disziplin zu zeigen, Reaktionen zu vertagen, sich vis á vis zu konfrontieren, um das Ziel der Konsumfreiheit ringen und (gewaltlos) kämpfen und dergleichen mehr. Das wird aber nur gelingen, wenn der Coach bereit und in der Lage ist, den Eltern ein umfassendes Präsenzmodell zu sein.