Fragen von KollegInnen der Drogenhilfe – 1. Frage
Oder macht es generell mehr Sinn, den Jugendlichen nicht mit einzubeziehen?
Die Fragen beziehen sich auf die Kriterien, nach denen wir entscheiden, ob es wirkungsvoll sein wird oder nicht (Macht es Sinn?), den konsumierenden Jugendlichen mit in die Beratung einzubeziehen.
Es gilt die Faustregel: Je mehr die Eltern-Kind-Beziehung von gegenseitigem Respekt geprägt ist, desto wahrscheinlicher ist es, daß der Berater alle drei (Mutter, Vater und Sohn/Tochter) auf neue Weise miteinander ins Gespräch bringen kann.
Wenn jedoch das elterliche Verhalten, und sei es auch nur manchmal, oder das Verhalten des Jugendlichen respektlose Anteile zeigt, steigt das Risiko, des Scheiterns.
Diagnostisch sollten daher Eltern zunächst sehr ausführlich danach befragt, wie respektvoll man in der Familie miteinander umgeht. Diese Fragen sollten sich nicht allein auf das Verhalten des Jugendlichen fokussieren. Viele Eltern zeigen ebenfalls respektloses Verhalten (z. B. Mutter zu Max: „Spinnst Du?“) und das nicht nur gegenüber dem Jugendlichen, sondern auch in der Paarbeziehung.
Solche Eltern brauchen die Einsicht, wie wenig hilfreich und zielführend respektloses Verhalten ist und daß sie damit kein gutes Modellverhalten zeigen.
Ein weiteres bedeutsames Kriterium erfahre ich häufig aus der Vorgeschichte: Gab es in der Vergangenheit schon Beratungsversuche bei professionellen Helfern? Wie sind diese Beratungen verlaufen und geendet? Sowohl aus Sicht der Eltern als auch aus Sicht des Jugendlichen?
Wahrscheinlich waren diese Beratungsversuche nicht hilfreich, denn sonst wäre das Problem gelöst und erledigt und die Eltern würden keinen erneuten Versuch starten. Meist haben Jugendliche nach solchen Mißerfolgserfahrungen keine Zuversicht in eine Kooperation mit und Eltern und einem Berater.
Weitere Kriterien zur Nichtbeteiligung der Jugendlichen bestehen darin, wenn
– Eltern mit der Beratung gedroht haben,
– dies als Strafmaßnahme deklarierten oder
– den Berater dazu benutzen möchten, daß dieser dem Jugendlichen den Konsum „ausreden“ möge.
Literaturhinweis: Jürg Liechti. Dann komm ich halt, sag aber nichts. Motivierung Jugendlicher in Therapie und Beratung