Fragen von KollegInnen der Drogenhilfe – 6. Frage Teil 4 …
Zwei Folgeszenarien sind denkbar.
- Max kommt nicht zum Gespräch.
Die Eltern bleiben ½ Stunde sitzen und warten. Sie schreiben Max erneut ein paar Zeilen, etwa:
„Lieber Max, wir hatten Dich darum gebeten, daß wir uns heute um 19 Uhr einmal zusammen setzen. Leider bist Du nicht gekommen. Der Grund für ein Gespräch mit Dir bleibt bestehen. Bitte sprich uns an, damit wir einen Termin vereinbaren können. Liebe Grüße Mama und Papa.“
Wenn Max nicht zu Hause ist, legen die Eltern ihm diesen Brief auf das Kopfkissen.
Nun warten die Eltern solange bis Max einen Elternteil anspricht – und wenn es 4 Wochen dauern sollte. Wenn Max irgendwann die Eltern anspricht, wird seitens der Eltern aber wieder nur auf eine Terminvereinbarung fokussiert und nichts über den anstehenden Inhalt gesagt, weil zu dieser Besprechung beide Eltern anwesend sein müssen. Außerdem sollte so ein bedeutsames Gespräch nicht spontan erfolgen, sondern an einem Ort (Küchentisch) und einem Zeitpunkt, den die Eltern wählen und bestimmen. Max muß warten lernen und sich explizit zu einem Gespräch einfinden. Dann besteht eine größere Chance, daß er die Eltern wirklich anhört.
- Max kommt zum Gespräch und hört sich an, was die Eltern zu sagen haben.
Vor diesem Gespräch müssen sich die Eltern gemeinsam klar gemacht haben, mit oder ohne Coach, welches Ziel sie verfolgen:
Möchten sie auf den vermuteten Drogenkonsum fokussieren?
Möchten sie Max darauf hinweisen, daß er seinen Verpflichtungen (z. B. Schule oder Ausbildung) nachzukommen hat?
Möchten sie von Max eine Rückmeldung zu ihrem Elternverhalten?
Welche Zielrichtung die Eltern auch immer verfolgen, einige Aspekte sollten bedacht werden:
Den Eltern muß zu diesem Zeitpunkt absolut klar sein, daß sie keinen Einfluß auf Max mehr haben. Max entscheidet ganz alleine für sich, was er tun will. Die Eltern könnten Max zu etwas nötigen nach dem Muster „wenn Du das und das nicht tust oder sein läßt, dann werden wir das oder das tun oder unternehmen“, und Max würde dann vielleicht auch dem Wunsch oder der Forderung der Eltern nachkommen, aber nur gezwungener Maßen und der Beziehung der Eltern zu Max würde das sicher nicht gut tun.
Die Eltern befinden sich aber angesichts eines Rauschmittel konsumierenden Sohnes in einem Dilemma. Sie müssen akzeptieren und hinnehmen, daß Max macht was er will, können es aber doch nicht dabei belassen, daß Max mit einem möglicherweise „Drogen verseuchten Gehirn“ Dinge tut, die er mit klarem Verstand so nicht tun würde.
Da es aber nun einmal die Realität ist, daß man auf keinen Menschen einen wirklichen Einfluß hat, bleibt den Eltern nur die Option, sich nachhaltig für Konsumfreiheit einzusetzen. Die Grundlage ist, daß sie ihren Sohn lieben und deswegen nicht aufgeben können, sich für Konsumfreiheit einzusetzen.
Entscheidend für das Einsetzen für Konsumfreiheit ist der existentielle Gehalt dieser Forderung, denn der Anlaß ist, daß Max aus Sicht der Eltern existentiell seine Gesundheit und (pubertäre) Entwicklung gefährdet.
Daher darf diese existentielle Forderung auf keinen Fall mit anderen Aspekten (Schule, Ausbildung, schmutzige Schuhe im Haus, Aufräumen etc.) verknüpft werden, weil sonst ihre Bedeutung dahinter verschwindet.
So müssen sich die Eltern vor dem Gespräch, zu dem sie Max eingeladen haben, sehr genau überlegen und entscheiden, welchen (Beziehungs-) Aspekt sie ansprechen möchten. Dabei hat sich bewährt, nicht am Anfang so einer neuen Kontaktaufnahme schon gleich das ganze Pulver zu verschießen, sondern zuerst kleinere Schritte zu gehen.
Fortsetzung folgt im nächsten Blogbeitrag.